Wirtschaftsstruktur. Das Ende der Konzerne Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in den USA die ersten Grosskonzerne, weil die zentrale Organisation Kostenvorteile bot. Die derzeit neu zum Einsatz kommenden Dezentralisierungs-Technologien kassieren diese Kostenvorteile wieder ein – und können die Organisationsgeschichte ein ganzes Jahrhundert zurückdrehen.
Vor hundert Jahren wurde der Grundstein für ein Gebilde gelegt, das schon bald zur grössten Fabrik heranwuchs, die die Welt je gesehen hatte. 360 Hektar Grundfläche, 1,5 Millionen Quadratmeter Produktionsfläche, mehr als 100.000 Arbeitsplätze, 160 Kilometer Bahngleise, ein Hafen, ein Kraftwerk, ein Stahlwerk – der River Rouge Komplex der Ford Motor Corporation in Dearborn war eine Welt für sich. Ein Monster. Und heute fast schon ein Dinosaurier eines längst vergangenen Industriezeitalters.
Die 1928 eingeweihte Ford-Fabrik markiert den Höhepunkt einer zentralistischen Unternehmensorganisation. Entscheidender Faktor für deren Entstehen war – die Eisenbahn. Sie ermöglichte das Entstehen von Massenmärkten (weil Transporte über weite Strecken möglich wurden) und von Massenproduktion (weil mit ihr viele Arbeiter zu grossen Fabriken fahren konnten). Sie förderte das Wachstum von Grossstädten und von Grosskonzernen – wenn sie in der Lage waren, die Massenproduktion und -distribution intern besser zu organisieren als durch Geschäftsbeziehungen mit externen Partnern. Und Organisation war nun einmal eine der grossen Stärken von Henry Ford.
Dass es dennoch nicht zu einem unendlichen Grössenwachstum kam, liegt insbesondere an den Bürokratiekosten in grösser werdenden Konzernen, die den Kostenvorteil der Massenproduktion auffressen. Die dezentralere Spartenorganisation, wie sie damals beim Erzrivalen General Motors erfunden wurde, machte die Unternehmen flexibler und krisenfester. Der Unternehmenserfolgsformel orientierte sich nicht mehr an der Grösse, sondern am Gewinn: Es ging nicht mehr darum, alles unter einem Dach zu produzieren, sondern nur noch alles Profitable.
Durch die Digitalisierung und insbesondere durch Dezentralisierungs-Technologien wie Blockchain kommt dieses langlebige Erfolgsmodell nun an seine Grenzen. Denn diese Technologien verheissen eine dramatische Senkung der Transaktionskosten, die zwischen Herstellung und Konsum eines Produktes anfallen. Und hierbei, so der finnische Unternehmer und Blockchain-Experte Esko Kilpi, sind die Konzerne mit ihrem immer noch vergleichbar grossen Verwaltungs-Überbau kaum noch konkurrenzfähig: „Wenn die Transaktionskosten in der gesamten Gesellschaft so drastisch sinken wie derzeit, müssen sich Form und Logik ökonomischer Einheiten zwangsläufig ändern. Eine traditionelle Firma ist fast automatisch die teurere Alternative.”
Wie die Organisationsformen aussehen, die auf den Konzern folgen, ist heute allenfalls ansatzweise in Sicht. Da geht es uns nicht anders als unseren Vorfahren vor 200 Jahren. Denn wenn hätte schon Anfang des 19. Jahrhunderts, in den Jahren nach der Niederlage Napoleons darauf gewettet, dass ein Jahrhundert später eine Riesenfabrik für 100.000 Arbeiter gebaut werden würde?
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Personaldienstleister: swissstaffing.ch/Mitglieder
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1
Arbeitsorganisation: Projektisierung
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2
Arbeitsplatz: Cubicles und Coffices
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3
Migration: Global Working
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4
Urbanisierung: Lockruf der Städte
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5
Weiterbildung: Gig Learning
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6
Personalberater: Micro-Headhunting
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7
Agenten: Gigenten
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8
Arbeitszeit: 24/7/365
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9
Wirtschaftsstruktur. Das Ende der Konzerne
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10
Arbeitsrecht: Jobber-AGB